Vergangene Veranstaltung
Vor dem Fenster liegt die Welt
Datum:23.03.2022 bis 02.06.2022
Sie war nicht nur Kafkas große Briefliebe, sondern auch eine emanzipierte und eigensinnige Frau sowie eine mutige Journalistin - Milena Jesenská, geboren 1896 in Prag, gestorben 1944 im Frauen-KZ Ravensbrück.
Wer war diese charismatische Frau, der Franz Kafka seine Tagebücher anvertraute und die die Ängste und Komplexe dieses sonderbaren Dichters, den man in seiner Zeit noch kaum kannte, zumindest auf dem Papier zu besänftigen wusste?
Behutsam lösen wir in unserem Theaterstück Milenas Bild von Kafka ab und machen uns auf die Suche nach ihren eigenen Lebensspuren, die sie aus ihrem reichen, aber traurigen Prager Elternhaus über eine psychiatrische Klinik, wohin sie ihr Vater sperren ließ, in das darbende Wien nach dem ersten Weltkrieg führten. Dort, vor dem Fenster ihrer Wohnung in der Lerchenfelder Straße, wo sie für eine Prager Zeitung ihren wunderschönen Artikel über ein Fenster schrieb, beginnen wir unser Stück und erzählen in Vor- und Rückblenden Milenas Geschichte.
„Politische Artikel müssen geschrieben werden wie Liebesbriefe“, so ein Satz Milenas, der auch ihre große Widersprüchlichkeit als Mensch zum Ausdruck bringt. Mit großer innerer Stärke und Sensibilität, die sich aber scheinbar nicht im Weg standen, ging sie durch alle Höhen und Tiefen ihres bewegten Lebens. Dabei war sie stets eine Grenzgängerin und voller Leidenschaft, Liebe und Fürsorge für andere Menschen. Sie half allen, ob Freund oder Feind, und es wäre ihr völlig wesensfremd gewesen, aus ideologischen Gründen oder persönlichen Kränkungen Hilfe zu verweigern:
„Wir sind keine Richter und lassen Sie uns bitte keine Moralisten sein. Wir sind Menschen. Und es ist notwendig, auch einem Feigling zu helfen.“
Den Menschen hinter dem vermeintlichen Feind auszumachen, sei es in privaten oder politischen Zusammenhängen, war sicherlich eine der größten Stärken von Milena Jesenská in ihrem Leben und in ihrem Schreiben. Nicht nur damit kann sie auch uns Heutigen immer noch und wieder ein großes Vorbild sein.
SCHAUSPIEL: Simone Neumayr, Rudi Müllehner
STÜCK & INSZENIERUNG: Cornelia Metschitzer
TECHNIK: Michael Kment, Lisa Ryzy
PRODUKTION :Tribüne Linz
KARTEN UNTER